Wie kam es dazu, dass du dich für die Ausbildung zur Fachkraft für Rohr-, Kanal- und Industrieservice entschieden hast?
Ich bin sozusagen darin aufgewachsen, denn mein Vater hat eine eigene Firma in der Branche. Zur Schulzeit wusste ich noch nicht was ich machen wollte, ca. in der 7. / 8. Klasse als die Praktika anfingen. Ich habe mich damals für ein Praktikum bei einer Kläranlange entschieden, welches ich ziemlich beeindruckend fand. In den Ferien oder am Wochenende bin ich oft bei meinem Vater mitgefahren und es hat mir wirklich Spaß gemacht. In der 10. Klasse habe ich mich gefragt “ Warum eigentlich nicht diesen Beruf erlernen? “. Lobbe hat mich als Arbeitgeber sofort angesprochen, weshalb ich es hier versucht habe. Ich bin wirklich sehr froh, dass bisher alles so gut funktioniert hat.
Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
Mein Arbeitsalltag fängt in der Regel morgens um 6:00 Uhr an.
Einen Tag zuvor erfährt man, mit wem man zu welcher Baustelle fährt, was zu tun ist und welches Fahrzeug benötigt wird.
In den meisten Fällen fährt man in Kolonne mit einem TV-Wagen morgens los zur Baustelle und erledigt seine Arbeit. Meine Arbeit besteht hauptsächlich daraus, Kanäle mit einem Saug-Spülfahrzeug mit Wasserrückgewinnung zu reinigen.
Nach der Arbeit bereitet man das Auto für den nächsten Tag vor, damit man am Morgen entspannt in den Tag starten kann. Darunter kann man sich beispielsweise vorstellen, die Wasserkammer mit Frischwasser zu befüllen, LKWs mit Diesel zu betanken oder Pumpen-Öl abzulassen oder aufzufüllen.
Wie läuft die Ausbildung ab?
Die Ausbildung geht grundsätzlich drei Jahre, eine Verkürzung ist bei entsprechender Leistung möglich.
Wir haben unsere Berufsschule in Gelsenkirchen und zwar im Blockunterricht. Das bedeutet, wir haben drei bis vier Wochen am Stück Schule und danach gehen wir wieder arbeiten. Es gibt eine Zwischenprüfung nach 1,5 Jahren und eine Abschlussprüfung nach drei Jahren.
Darüber hinaus nehmen die Azubis während der Ausbildung an ca. sechs oder sieben berufsbezogenen Lehrgängen bei der Deula in Kempen teil.
Aufgrund der hohen körperlichen Belastung und dem Umgang mit Schmutz sehen viele Menschen diesen Beruf als typischen “Männerberuf“ an, schließt du dich dieser Meinung an?
Absolut nicht, nein.
Wir leben im 21. Jahrhundert, sodass Jede und Jeder im Grunde genommen auch alles lernen kann.
Findest du, die Männer, mit denen du zusammenarbeitest, arbeiten anders als Frauen? Was könnt ihr voneinander lernen?
Klar gibt es immer etwas, das die Männer besser können als wir Frauen. Ein Beispiel dafür ist ganz simpel die körperliche Kraft. Es ist körperlich bedingt nun mal so, dass ich nicht so viel Kraft habe wie ein Mann. Andererseits ist die Größe einer Frau im Kanal von Vorteil. So hat jeder seine Vor- und Nachteile. Man muss sich einfach gut ergänzen und vor allem gegenseitig respektieren und tolerieren.
Auf welche Eigenschaften kommt es in deinem Beruf an?
Das ist eine gute Frage. Pünktlichkeit ist auf jeden Fall wichtig, damit man gemeinsam rechtzeitig abfahren kann. Man sollte außerdem offen gegenüber den Kollegen sein und keine Angst haben mit Kunden zu reden. Hilfsbereitschaft ist auch essentiell für den Beruf, da man im Team arbeitet.
Man braucht aber auch ein dickes Fell, damit man manche Sachen nicht so streng nimmt.
Unempfindlichkeit gegenüber Gerüchen und Schmutz könnte man schon als Grundvoraussetzung bezeichnen.
Welche Vorteile gegenüber den Männern bringst du in dem Beruf mit?
Meine Körpergröße ist ganz klar von Vorteil in den Kanälen.
Ich achte zudem sehr darauf, den LKW zu pflegen und ordentlich zu hinterlassen. Das könnten sich manche Kollegen auch etwas mehr zu Herzen nehmen.
Stichwort Gleichberechtigung – wie stehst du dazu?
Bei Lobbe werde ich respektiert, toleriert und was mir besonders wichtig ist: Ich werde ernst genommen. Ich habe bisher wirklich positive Erfahrungen gemacht, womit ich zuvor auch nicht gerechnet habe, ganz ehrlich gesagt.
Im Grunde werden Frauen und Männer gleichermaßen behandelt, es gibt aber wie bereits erwähnt ein paar Dinge, die Männer körperlich bedingt einfach besser können als die Frauen. Dennoch wird einem immer die Möglichkeit gegeben, sich an einer Aufgabe zu versuchen.
Ich persönlich finde einfach, dass man uns Frauen in solchen Berufen akzeptieren sollte.
Was sind häufige Reaktionen von anderen Leuten, wenn sie erfahren welchen Beruf du ausübst?
Von meinen Freundinnen habe ich nie etwas Negatives gehört – ganz im Gegenteil: Sie finden es bewundernswert, dass ich dazu in der Lage bin den Beruf auszuüben. Ich werde von ihnen ab und zu sehr liebevoll “Kanalratte“ genannt, aber da stehe ich drüber. Wenn ich von der Arbeit erzähle entsteht bei den Meisten ein ziemlich falsches Bild im Kopf. Wenn ich ihnen dann aber erkläre, dass ich in den meisten Fällen alles vom LKW aus mache und ich (übertrieben gesagt) „nur“ Knöpfchen drücke, sind sie ganz erstaunt. Aber auch abgesehen von meinen Freunden habe ich tatsächlich noch nie etwas Negatives gehört.
Welche Tipps hast du für Frauen, die sich für den Beruf interessieren, sich aber evtl. nicht trauen?
Seid offen und habt keine Angst davor zu versagen.
Wir Frauen sind oft stärker als manche Männer denken und manchmal auch stärker als wir selber es glauben. Natürlich hat man seine Bedenken „Wie nehmen sie mich auf?“, „Werde ich doofe Sprüche bekommen?“ oder Ähnliches, aber die Gedanken sind völlig normal und meist stellt sich raus, dass es gar nicht so schlecht läuft wie man anfangs vielleicht geglaubt hat. Ihr müsst es euch einfach selbst beweisen und das könnt ihr nur, wenn ihr es ausprobiert und eigene Erfahrungen sammelt durch beispielsweise Probearbeiten. Bei Lobbe gibt es viele Ansprechpartner mit denen man reden kann, oder auf die man bei Problemen zukommen kann. Unterstützung bekommt man hier wirklich von allen Seiten.
Vielen Dank für das Interview, Vici!
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